Der «Vorgezogener Recycling-Beitrag» wird bei jedem in der Schweiz verkauften Elektrogerät erhoben. Er finanziert die Sammlung, den Transport, die fachgerechte Zerlegung und das Recycling am Ende der Lebensdauer des Geräts.
In der unabhängigen Kontrollstelle sorgen Mitarbeitende dafür, dass Elektroaltgeräte gesetzes- und normkonform recycelt werden.
Transport und Logistik sind die unsichtbaren Helden des Swico Recyclingsystems, die Verbindung zwischen Sammelstellen und Recyclingbetrieben.
In der Schweiz gibt es rund 600 Swico Recycling-Sammelstellen, von Samnaun bis Lausanne, von Schaffhausen bis Chiasso.
Recyclingunternehmen entfernen Schadstoffe aus Elektroaltgeräten und stellen Sekundärrohstoffe für die Industrie bereit.
«Früh erkannten wir: Elektrogeräte haben nichts in den üblichen Gemeindesammelstellen verloren. Diese Geräte stecken voller wertvoller Rohstoffe und enthalten auch problematische Komponenten, die im Umgang besondere Vorsicht erfordern.»
Es war nicht nur Heinz Beer, der sich die Haare raufte – die ganze Schweiz stand vor einem Recycling-Problem. Zwischen 1970 und 1993 explodierte der Siedlungsabfall in der Schweiz von knapp zwei Millionen Tonnen auf das Doppelte – und das bei einer kaum wachsenden Bevölkerung! Die Verbrennungsanlagen waren überlastet, und teilweise mussten Abfälle direkt auf Deponien gelagert werden. Die Hauptübeltäter? Der wirtschaftliche Boom und das mangelhafte Recyclingverhalten der Bevölkerung.
«Am Anfang war das Wort», schreibt Johannes in 1.1. im Buch der Bücher. «Am Anfang war nicht ein Wort, sondern ein Problem.»
Dr. Heinz Beer nimmt uns mit zurück ins Jahr 1993, als er im Swico Vorstand und zugleich Vorsitzender der Kommission Umwelt war:
Mitten in dieser Krise zeigte eine Studie des BUWAL, dass die ohnehin schon überlasteten Verbrennungsanlagen regelrecht von Altgeräten aus der Büroelektronik überschwemmt wurden. Die Verbrennungsanlagen ächzten unter der Last des Müllbergs. Die Verantwortung lag bei den Herstellern, Importeuren und Grossverteilern. Eine Lösung musste her, und zwar subito. Acht Firmen – vier aus der IT- und vier aus der Bürogerätebranche – schlossen sich zusammen und riefen eine «Entsorgungskonvention Büroelektronik» ins Leben.
Die überzeugende Lösung setzte sich blitzschnell durch. Am 1. Dezember 1993 stimmte der Verband in einer ausserordentlichen Generalversammlung geschlossen für eine freiwillige Branchenlösung. Mit diesem sehr frühen Start war Swico gleichsam Vorreiter in Europa für eine Aufgabe, die erst acht Jahre später in ganz Europa verpflichtend wurde. Selbst in der Schweiz war Swico dem Gesetzgeber um vier Jahre voraus.
Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) übernimmt die Rolle der Zertifizierungs- und Überwachungsstelle. Im ersten Jahr wird eine beachtliche Zahl von 20 Unternehmen evaluiert, von denen 16 das Zertifizierungsverfahren durchlaufen und schliesslich 12 die Zertifizierung erhalten.
Swico Recycling goes international. Die Mitgliedschaft im WEEE-Forum erlaubt es Swico, sich aktiv in die Entwicklung europäischer Standards und Normen für das Recycling von Elektroaltgeräten einzubringen und die Schweizer Erfahrungen und Vorschriften auf europäischer Ebene zu vertreten. Dies unterstreicht die Vorreiterrolle der Schweiz in diesem Bereich.
«Die effiziente und durchdachte Branchenlösung führt täglich viele Tonnen Altgeräte einer sinnvollen Wiederverwertung zu»,
lobte Jakob Hildebrand, damaliger Sekretär und Vorsitzender der Kommission Umwelt, ein Jahr nach dem Start.
Wer im Flow ist, kreiert Konzepte, die ewig halten. So verhält es sich auch mit dem Swico Konzept aus dem Jahr 1994, das auch drei Jahrzehnte später noch das solide Fundament bildet:
Die Einführung des vorgezogenen Recyclingbeitrags (VRB) war ein Meilenstein. Ab April 1994 wurden Bürogeräte damit belegt, und kaum hatte das Quartal ein Ende gefunden, zogen die IT-Produkte im Eiltempo nach.
Wer den prägnanten Begriff «vorgezogener Recycling-Beitrag» erfand, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen, doch der Name spricht für sich. Ähnlich dem Umlageverfahren der AHV, deckt der VRB die Kosten für Rücknahme, Wiederverwertung und Reststoffentsorgung. Roger Gnos, der später zu Swico stiess und den Innovationsfonds leitet, meint verschmitzt: «Der VRB ist heute so selbstverständlich bei jedem Elektrogerät wie die Autobahnvignette beim Auto.»
Diese beispielhafte Pionierarbeit von Swico findet bis heute Anerkennung und wurde im Juli 1998 in der «Verordnung über die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte» gewürdigt.
«Damals stand der ökologische Nutzen klar im Vordergrund, obwohl Energiesparen durch Recycling noch kein grosses Thema war.»
Ein echtes Meisterstück aus der Gründungszeit sorgte dafür, dass das Swico System stets als verlässlich galt. Wo Qualität kontrolliert wird, steht oder fällt die Glaubwürdigkeit mit dem Namen und der Unabhängigkeit des Prüfers. Niemand genoss damals mehr Ansehen als die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt (EMPA).
Ab dem 1. April 1994 wurde die EMPA zur Zertifizierungs- und Überwachungsstelle des Swico Konzepts.
Die EMPA legte sofort los: Sie überprüfte über zwanzig Firmen aus der Geräteverarbeitungsbranche, 16 schafften es durch die erste Runde, doch nur zwölf bestanden letztendlich.
2018 nehmen acht stolze Unternehmen das SN EN 50625 Zertifikat entgegen.
v.l.n.r. Peter Heilig, Roger Blesi, Markus Stengele, Roland Meier, Hansueli, Bühlmann, Sebastian Piguet, Markus Fuhrer, Sabine Krattiger
Das bisher Geschilderte könnte als erfolgreich, aber nicht besonders herausfordernd missverstanden werden. Doch es war ein Aufbau unter enormem Druck mit ständig wachsenden Entsorgungsmengen und immer höheren Anforderungen an die Fraktionierung sowie einer stetig steigenden Zahl von Konventionsunterzeichnern. Innerhalb eines Geschäftsjahres verdoppelten sich die VRB-Einnahmen. Die Menge der neu auf den Markt gebrachten Geräte stieg jährlich um zehn Prozent, die Menge der zerlegten Geräte verdoppelte sich innerhalb von zwei Jahren.
Es hätte auch alles schiefgehen können …, doch der damalige Präsident Dr. Jürg Lindecker und Jakob Hildebrand hielten das Swico Schiff fest auf Kurs, um für den Jahrtausendwechsel gewappnet zu sein.
Hinter jeder Entscheidung lauerte ein Berg von Fragen: Sind die Fraktionierungen auf dem neuesten Stand der Technik? Wie können wir Onlinehändler für den VRB motivieren? Ist die Logistik als Teil der Abfallverwertungskette ökologisch optimiert?
Im Zuge der Fussball-Weltmeisterschaft 2002 erlebte der Markt für Fernsehgeräte ein wahres «Flimmerhoch»: Viele Haushalte tauschten ihre klobigen Röhrenfernseher gegen platzsparende Flachbildschirme aus. Die sperrigen Röhrenmodelle machten so Raum für gesellige Fussballpartys.
Für die Recyclingpartner und die angeschlossenen Zerlegebetriebe bleibt es eine grosse Herausforderung, auch heute noch Verfahren für beide Bildtechniken anzubieten. In neueren Geräten sind viele Komponenten miniaturisiert, was die Zerlegung deutlich erschwert, verlangsamt und mehr Handarbeit erfordert.
Oftmals sind geeignete Maschinen zur Zerlegung gar nicht auf dem Markt und müssen von den Betrieben wie bei Daniel Düsentrieb als eigentliche Ingenieurleistungen entwickelt werden. Doch das schreckt die Recyclingbetriebe nicht. Sie arbeiten nach der Losung «Wir entsorgen auch, was wir gar noch nicht kennen.»
Wo eine Chronik endet, beginnt die Zukunft. Auch Swico blickt bereits über sein dreissigjähriges Bestehen hinaus und hat sich dafür 2019 mit dem Innovationsfonds ein eigenes Instrument geschaffen. Aus dem Fonds werden innovative Recycling-Projekte gefördert, zum Beispiel die korrekte Entsorgung von Tonerstaub. Oder ein Ausbildungsprojekt zum Übertritt in den ersten Arbeitsmarkt.
Und zu guter Letzt steht doch wieder ein Wort im Zentrum: Persönlichkeit. Ohne das unermüdliche Engagement zahlreicher Persönlichkeiten in der Geschichte des Swico Recyclings, hätte diese bahnbrechende Idee nie den Weg vom Schreibtisch in die Wirklichkeit gefunden.
Welche Kosten deckt der auf jedem Elektrogerät vorgezogene «Entsorgungsfranken», und wie wird er berechnet?
Wie werden kaputte Smartphones, Fernseher oder Tablets zu Gold? Eine Reise in vier Etappen.
Seit 1994 sammelt Swico eine Million Tonnen Elektroschrott und recycelt wertvolle Rohstoffe. Die Fakten.